ARBEITS- UND SOZIALRECHT

 

Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Hinsichtlich der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses (Kündigungsfristen, Abfindungen etc.) gilt das belgische Arbeitsrecht für ausländische Unternehmer, die in Belgien angestelltes Personal beschäftigen, gleichermaßen wie für inländische Betriebe.

Bei "kollektiven Kündigungen" (mind. 10% der Belegschaft) ist der Betriebsrat im Vorhinein umfassend zu informieren. Außerdem stehen den Gekündigten Entschädigungszahlungen des Betriebs zusätzlich zum Arbeitslosengeld zu.

 

Kündigung

Das belgische Arbeitsrecht unterscheidet zwischen ordentlicher und außerordentlicher (licenciement pour motif grave / ontslag om dringende reden) Kündigung.

Einen auf unbegrenzte Dauer abgeschlossenen Arbeitsvertrag kann jede Partei unter Einhaltung einer Kündigungsfrist auflösen. Befristete oder für ein bestimmtes Vorhaben abgeschlossene Arbeitsverträge können einseitig nur durch außerordentliche Kündigung frühzeitig aufgelöst werden. Die Kündigungserklärung hat in jedem Fall schriftlich zu erfolgen und ist in den meisten Fällen mit einer ordentlichen Begründung zu versehen.

Nach belgischem Recht wird das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung in jedem Fall beendet. Im Gegensatz zu anderen Rechtssystemen gilt dies auch für den Fall der unrechtmäßigen Kündigung. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer jedoch für den Fall einer fristlosen Kündigung, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt oder ohne dass eine Kündigungsfrist eingeräumt wird, eine Entschädigung zu zahlen.

a) Außerordentliche Kündigung

Unter einem wichtigen Grund wird jede schwere Verfehlung verstanden, die die berufliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unmittelbar und endgültig unmöglich macht. Derjenige Vertragspartner, der sich auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beruft, hat diesen auch zu beweisen.

Ferner hat die Kündigung schriftlich zu erfolgen und ist mittels eingeschriebenem Brief oder über einen Gerichtsvollzieher zuzustellen.

b) Ordentliche Kündigung

Im Falle von unbefristeten Arbeitsverhältnissen kann der Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer bestimmten Kündigungsfrist ohne Angabe von Gründen ordentlich gekündigt werden.

Die Länge der Kündigungsfrist berechnet sich für Arbeiter (ouvriers / arbeiders) und Angestellte (employés / bedienden) einheitlich und ausschließlich nach der Länge der Betriebszugehörigkeit. Die Betriebszugehörigkeit ist die Periode, während der der Arbeitnehmer ohne Unterbrechung für das gleiche Unternehmen gearbeitet hat.

Die Kündigungsfrist beginnt für Arbeiter und Angestellte einheitlich an dem Montag zu laufen, der auf den Tag der Bekanntgabe der Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer folgt.

Für den Arbeitgeber gelten insbesondere folgende Kündigungsfristen:

 

Dienstzugehörigkeit Frist seit dem 30.04.2018
Weniger als 3 Monate 1 Woche
3-4 Monate 3 Wochen
4-5 Monate 4 Wochen
5-6 Monate 5 Wochen
6-9 Monate 6 Wochen
9-12 Monate 7 Wochen
12-15 Monate 8 Wochen
15-18 Monate 9 Wochen
18-21 Monate 10 Wochen
21-24 Monate 11 Wochen
2-3 Jahre 12 Wochen
3-4 Jahre 13 Wochen
4-5 Jahre 15 Wochen
………. ……….

 

(Ab dem fünften Jahr der Dienstzugehörigkeit wird die Kündigungsfrist um drei Wochen pro Jahr erhöht, ab dem 20. Jahr wird die Kündigungsfrist um zwei Wochen pro weiterem Jahr Dienstzugehörigkeit erhöht und ab dem 21. Jahr wird die Kündigungsfrist um eine Woche pro weiterem Jahr Dienstzugehörigkeit erhöht.)

Kündigt dagegen der Arbeitnehmer, hat dieser folgende Fristen zu beachten:

 

Dienstzugehörigkeit Frist seit dem 1.1.2014
Weniger als 3 Monate 1 Woche
3-6 Monate 2 Wochen
6-12 Monate 3 Wochen
12-18 Monate 4 Wochen
18-24 Monate 5 Wochen
2-4 Jahre 6 Wochen
4-5 Jahre 7 Wochen
5-6 Jahre 9 Wochen
6-7 Jahre 10 Wochen
7-8 Jahre 12 Wochen
Mehr als 8 Jahre 13 Wochen

 

Die neuen Regelungen gelten grundsätzlich sowohl für Arbeitnehmer, die vor dem 1.1.2014 bereits im Dienst eines Arbeitgebers waren, als auch für Arbeitsverhältnisse, die erst ab dem 1.1.2014 in Kraft getreten sind.

Für Arbeitnehmer, die sich zum 31.12.2013 in einem Arbeitsverhältnis befanden, wird infolge des Einheitsstatuts ein System eingeführt, im Rahmen dessen die bis zu diesem Zeitpunkt aufgebaute Dienstzugehörigkeit grundsätzlich bestehen bleibt. Ab dem 1.1.2014 beginnt eine neue Periode der Dienstzugehörigkeit, die den neuen Kündigungsfristen unterliegt. Die Summe aus beiden Berechnungen ergibt die insgesamt zu berücksichtigende Kündigungsfrist. Teilweise sind für bestimmte Angestellte und Arbeiter besondere Übergangsbestimmungen zu beachten.

Die gesetzlichen Minimalfristen können vom Arbeitgeber nicht unterschritten, allenfalls aber überschritten werden. Der Arbeitnehmer kann hingegen darauf verzichten, dies jedoch erst nach dem Zeitpunkt der Kündigung.

Eine Kündigungsentschädigung („indemnité compensatoire de préavis / opzeggingsvergoeding“) ist vom Arbeitgeber geschuldet, wenn er dem angestellten Arbeitnehmer fristlos - ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt - oder aber mit unzureichender Frist kündigt. Dabei entspricht die Kündigungsentschädigung dem Bruttogehalt des Arbeitnehmers, das er während der Kündigungsfrist, auf die er einen Anspruch hätte, verdienen würde.

Während der Aussetzung der Vertragspflichten wegen Krankheit oder Unfall darf der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündigen, der nicht mit der Krankheit oder dem Unfall in Zusammenhang steht. Die Kündigung wird dann erst mit Ablauf der Arbeitsunfähigkeit wirksam, sodass die Fristen auch erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen. Für befristete Arbeitsverhältnisse gibt es besondere Regelungen zu beachten.

Besonderer Kündigungsschutz gilt auch für Kandidaten und Mitglieder des Unternehmensrates, des Ausschusses für Sicherheit und Schutz am Arbeitsplatz sowie für Mitglieder der Gewerkschaftsdelegation. Der Arbeitgeber kann bei der Kündigung von besonders geschützten Personen zur Zahlung einer Entschädigung und zur Wiedereinstellung verpflichtet werden.

Eine ordentliche Kündigung ist gemäß den belgischen Rechtsvorschriften nur dann wirksam, wenn die formellen Voraussetzungen der Kündigungserklärung beachtet werden. Sofern diese Formvorschriften nicht beachtet werden, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich die Nichtigkeit der Kündigung geltend machen.

Unser erfahrenes Team steht Ihnen bei Fragen rund um die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses jederzeit zur Verfügung.

 

Kontakt

Alison Hubin, LL.M.
Fachanwältin für Arbeitsrecht
alison.hubin@kockspartners-law.be