VEREINSRECHT

 

Der nationale Verein nach belgischem Recht

Der gemeinnützige Verein wird durch das Gesetzbuch der Gesellschaften und Vereinigungen („Wetboek van vennootschappen en verenigingen/ Code des sociétés et des associations“) vom 23.03.2019 (im folgenden GGV) geregelt.

 

Gründung

Der nationale Verein kann durch privatrechtlichen Vertrag oder in notariell beglaubigter Form errichtet werden. Bei einer privatrechtlichen Urkunde müssen nunmehr nur noch zwei Originale errichtet werden.

a) Satzung/Statuten und Gründungsurkunde

Bei der Erstellung der Satzung des nationalen gemeinnützigen Vereins ist der Artikel 2:5 § 2 GGV zu beachten, der den zwingenden Mindestinhalt der Satzung regelt. Diese Liste wurde im Zuge der Reform im Jahr 2019 erweitert.

Für die Gründungsurkunde (oprichtingsakte) sieht Artikel 2:9 § 2 GGV zusätzliche Angaben vor, die zwingend in der Urkunde enthalten sein müssen.

b) Veröffentlichungs- und Gründungsformalitäten

Bei der Registrierung des Vereins müssen gewisse Formalitäten eingehalten werden. Bei der Geschäftsstelle des Handelsgerichts am Vereinssitz, sind die in Art. 2:9 GGV angeführten Dokumente bzw. Daten zu hinterlegen, in die jedermann kostenlos Einsicht nehmen kann. Es erfolgt eine Veröffentlichung in der Beilage des belgischen Staatsblattes, wobei hier wiederum genau gesetzlich geregelt ist, welche Daten diese Veröffentlichung enthalten muss. Die Rechtspersönlichkeit des Vereins entsteht bereits mit der Hinterlegung der Dokumente bei der Geschäftsstelle des Handelsgerichts am Vereinssitz.

Zu beachten ist, dass Dritten sämtliche Informationen erst ab Hinterlegung bzw. - sofern vorgesehen - ab Veröffentlichung im Anhang des belgischen Staatsblattes entgegengehalten werden können. Voraussetzung hierfür ist aber wiederum die Übereinstimmung der veröffentlichten mit den hinterlegten Daten. Dritte können grundsätzlich auf den veröffentlichten Text vertrauen, es sei denn, ihnen wird nachgewiesen, dass sie den hinterlegten Text bzw. die Unterschiede zwischen hinterlegten und veröffentlichten Text kannten.

Verpflichtungen, die im Gründungsstadium, vor Erlangung der Rechtsfähigkeit, im Namen des Vereines eingegangen wurden, sind nur dann dem Verein zuzurechnen, wenn diese spätestens binnen zwei Jahren nach Entstehung der Verbindlichkeit errichtet und die Verbindlichkeit binnen drei Monaten nach der Hinterlegung der oben genannten Dokumente vom Verein übernommen wurden. Anderenfalls sind diese Verpflichtungen - sofern zwischen den Vertragsparteien nichts anders vereinbart wurde - in vollem Umfang von der Person zu erfüllen, die sie eingegangen ist.

 

Sitz

Der Verein nach belgischem Recht muss seinen Sitz in Belgien haben. Er kann allerdings Geschäftsstellen außerhalb Belgiens unterhalten.

Am Sitz ist ein Register einzurichten, in dem die Namen und Adressen sämtlicher Mitglieder und im Falle der Mitgliedschaft einer juristischen Person, deren Name, Sitz und Rechtsform, einzutragen sind.

Darüber hinaus muss der Vorstand die Eintragung aller Entscheidungen hinsichtlich eines Beitritts, Austritts oder Ausschlusses von Mitgliedern binnen 8 Tagen nach der diesbezüglichen Beschlussfassung ins Register veranlassen. Der Vorstand kann beschließen, dass das Register in elektronischer Form geführt wird.

 

Vereinszweck

Seit der Gesetzesnovelle im Jahr 2019 kann der nationale Verein auch kommerzielle Tätigkeiten ausüben. Zu beachten ist dabei, dass bereits bestehende Vereine erst ihre Satzung anpassen müssen, um diese Tätigkeit ausüben zu können.

Der Verein verfolgt einen uneigennützigen Zweck und darf den Gründern, Mitgliedern, dem Vorstand oder einer anderen Person insofern weder direkt noch indirekt einen Vermögensvorteil beschaffen, es sei denn, es handelt sich um den in der Satzung festgelegten uneigennützigen Zweck.

Das entscheidende Kriterium seit der Gesetzesreform ist das Verbot der Gewinnausschüttung. Vereine und Stiftungen müssen ihre Gewinne zwingend auf Zwecke zur Erreichung ihres Ziels verteilen, ohne direkte oder indirekte Verteilung. Das Verbot der Gewinnausschüttung ist zugleich Abgrenzungskriterium zu Gesellschaften.

 

Mitglieder

a) Anzahl

Zur Gründung eines gemeinnützigen Vereins sind mindestens zwei Gründungsmitglieder notwendig.

In der Vereinssatzung kann festgelegt werden unter welchen Voraussetzungen Dritte, die mit dem Verein verbunden sind, als beigetretene Mitglieder zu betrachten sind; in der Satzung sind auch deren Rechte und Pflichten aufzuzählen.

Auch juristische Personen können Mitglieder eines Vereins sein.

b) Kündigung/Rücktritt, Ausschluss

Grundsätzlich kann jedes Mitglied seine Mitgliedschaft jederzeit durch Kündigung, die dem Vorstand mitzuteilen ist, beenden. Sofern in der Satzung nichts Abweichendes geregelt ist, gilt die Nichtbezahlung des Mitgliedsbeitrages durch das Mitglied als dessen Austritt aus dem Verein.

Der Ausschluss eines Mitglieds kann nur durch die Mitgliederversammlung unter Beachtung der für eine Statutenänderung erforderlichen Anwesenheits- und Mehrheitserfordernisse ausgesprochen werden (2/3 Mehrheit).

Mitglieder, die ausgetreten oder ausgeschlossen worden sind, haben keinerlei Anspruch auf das Vereinsvermögen oder die Rückbezahlung des Mitgliedsbeitrages, es sei denn, in der Satzung wird Abweichendes festgelegt.

 

Beendigung

Die Rechtspersönlichkeit des Vereins erlischt entweder durch Nichtigerklärung oder Auflösung.

a) Nichtigerklärung

Die Nichtigkeit eines Vereins muss durch eine gerichtliche Entscheidung festgestellt werden und kann nur für im Gesetz genannte Fälle ausgesprochen werden.

b) Auflösung

Ein gemeinnütziger Verein kann durch gerichtliche Entscheidung, freiwillig (durch Beschluss der Mitgliederversammlung) oder von Gesetzes wegen bzw. aus in der Satzung vereinbarten Gründen (Zeitablauf, Erreichung des Ziels etc.) aufgelöst werden.

Das Gericht kann auf Antrag eines Mitgliedes, eines Dritten, der ein begründetes rechtliches Interesse hat, oder der Staatsanwaltschaft, aufgrund gewisser im Gesetz geregelter Fälle (bspw. bei Nichterfüllung eingegangener Verbindlichkeiten, bei weniger als zwei Vereinsmitgliedern etc.), die Auflösung des Vereins erklären.

Bei der freiwilligen Auflösung sind jene Anwesenheits- und Stimmverhältnisse einzuhalten, die auch für die Änderung des Vereinszwecks erfüllt sein müssen.

Daneben gibt es noch eine Auflösung kraft Gesetzes bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen.

 

Abwicklung

Im Falle der gerichtlichen Auflösung hat das Gericht, ansonsten, sofern die Satzung nichts anders vorsieht, die Mitgliederversammlung, einen oder mehrere Liquidatoren zu bestellen.

Weiters kann das Gericht die Liquidatoren auf begründeten Antrag eines Mitglieds, eines Dritten mit begründetem rechtlichen Interesse oder der Staatsanwaltschaft bestellen.

Die Liquidatoren haben die Aufgabe, die Aktiva des Vereins festzustellen und die Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die Aktiva können erst nach Begleichung der Passiva genutzt werden, der Liquidationssaldo darf allerdings nicht an die Vorstandsmitglieder verteilt werden.

Grundsätzlich wird die Aufteilung des Liquidationssaldos von der Mitgliederversammlung beschlossen bzw. von dem in der Satzung bezeichneten Organ des Vereins. Ansonsten ist der Liquidationssaldo dem Vereinszweck zuzuordnen. Das Ergebnis der Liquidation ist dem Gericht mitzuteilen. Der Abschluss der Liquidation im Anhang des belgischen Staatsblattes zu veröffentlichen.

Die Vorschriften über die Liquidation kommen auch im Fall der Nichtigerklärung des Vereins zur Anwendung; der Beschluss über die Nichtigkeit eines Vereins führt nämlich ebenso zur Auflösung des Vereins.

Festzuhalten ist, dass gegen die Entscheidung des Gerichts sowohl hinsichtlich der Nichtigerklärung als auch der Auflösung des Vereins Berufung erhoben werden kann. (Art 2:113 § 3/1 GGV). Auch gegen den Beschluss der Liquidatoren, mit denen das Aktivvermögen festgestellt wird, kann von den Mitgliedern, von Gläubigern sowie vom Staatsanwalt Berufung erhoben werden (Art. 2:132 GGV).

In jedem Fall müssen die in Art 2:136 GGV genannten Angaben und Beschlüsse beim Handelsgericht am Vereinssitz hinterlegt werden.

Die Forderungen von Gläubigern verjähren nach 5 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Hinterlegung des Beschlusses, mit dem das Aktivvermögen festgestellt wird, zu laufen.

 

Buchführung, Jahresabschluss und Rechnungsprüfung

Der Vorstand ist verpflichtet, spätestens 6 Monate nach Abschluss des Wirtschaftsjahres den Jahresabschluss, der entsprechend den Bestimmungen des Gesetzbuches für Gesellschaften und Vereine aufzustellen ist, sowie den Haushaltsplan für das kommende Jahr der Mitgliederversammlung zur Billigung vorzulegen.

Nach Genehmigung/Billigung durch die Mitgliederversammlung ist der Vorstand verpflichtet, innerhalb von dreißig Tagen den Jahresabschluss zusammen mit den in Art. 3:47 § 7 GGV genannten Dokumenten bei der belgischen Nationalbank zu hinterlegen.

Überdies sieht Art. 3:47 § 6 GGV für Vereine – mit Ausnahme von den kleinen Vereinen – die Verpflichtung vor, zur Kontrolle der finanziellen Situation des Vereins, der Jahresabschlüsse und der Geschäftsführung durch den Vorstand, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit Gesetz und Satzung, einen oder mehrere Rechnungsprüfer zu bestellen.

Kleine Vereine können ihren Jahresabschluss nach einem vom König festgelegten vereinfachten Modell aufstellen. Dies gilt allerdings wiederum nicht für Vereine, die aufgrund der Art ihrer Tätigkeiten besonderen Vorschriften über Buchhaltung und Jahresabschluss unterworfen sind, sofern diese Vorschriften zumindest ebenso streng sind, als die Vorschriften des Gesetzbuches für Gesellschaften und Vereine (vgl. Art. 3:47 § 5 GGV).

Wir stehen Ihnen für Fragen rund um dieses Thema jederzeit zur Verfügung und helfen Ihnen mit unserer langjährigen Erfahrung gerne bei der Erstellung der Satzung Ihres Vereines.

 

Kontakt

Laura Sproten, LL.M.
laura.sproten@kockspartners-law.be